Bewegungsgipfel – Denken und Bewegen über den Tellerrand

Der Bewegungsgipfel sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem bewegungs- und sportfreundlicheren Land, kommentieren Kerstin Holze (DOSB-Vizepräsidentin) und Stefan Raid (1. Vorsitzender dsj). Jetzt gelte es, nicht stehen zu bleiben, sondern den Schwung zu nutzen, um konkrete Maßnahmen zu entwickeln, die die Menschen dazu ermutigen, ein aktiveres Leben zu führen.

Foto: BMI / Henning Schacht
Foto: BMI / Henning Schacht

Hatten der eine Landesgesundheitsminister oder die andere Landeskultusministerin ihre Corona-Verordnung zur Testpflicht daraufhin geprüft, ob die Jugendlichen damit am Nachmittag auch zum Vereinstraining gehen dürfen? Der Landessportminister hatte ja gleichzeitig schon eine andere Verordnung erlassen, die besagte, dass im Sportverein vor dem Training getestet werden muss.  Kinder und Jugendliche waren oft schon am Morgen in der Schule getestet, während der Sportverein Schwierigkeiten hatte die Auflagen kurzfristig zu erfüllen und der Vereinssport am Nachmittag deshalb ausfallen musste. Diese Erinnerung an Vorgänge aus den Jahren 2020 oder 2021 ist nur beispielhaft für Situationen, die Sport und Bewegung unnötig einschränkten und verkomplizierten.

Die Pandemiejahre und alle hier getroffenen politischen Entscheidungen sind vielfach diskutiert worden. So ist das mit dem Realfall, den komplexen Lagen und den herausfordernden Phasen. Im Nachhinein weiß man Manches besser. Bestätigt hat sich auf jeden Fall die Erkenntnis, dass vieles mit vielem zusammenhängt und es deshalb nicht reicht, für einzelne politische Fachressorts Regelungen zu durchdenken. Es muss der gemeinsame Anspruch sein, fachübergreifend zu planen und zu entscheiden. Das macht (politisches) Handeln noch komplizierter, ist aber zwingend notwendig und wir müssen besser darin werden – auch in Bezug auf den Sport!

Um Deutschland insgesamt und nachhaltig sport- und bewegungsfreundlicher zu machen, muss Sport und Bewegung als Querschnittsaufgabe in allen Ressorts, wie z. B. Gesundheit, Soziales, Jugend, Familie, Sport, Bildung, Verkehr und Stadtentwicklung gedacht werden. Nach unserem Appell für einen Bewegungsgipfel – als Startschuss für diese neue gemeinsame Zusammenarbeit – verkündete Bundesinnenministerin Nancy Faeser schneller als gedacht im Juni, das Gipfeltreffen werde durchgeführt.

Heute am 13. Dezember war es so weit:

Die Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser (BMI), der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (BMG) sowie Vertreter*innen aus sieben weiteren Bundesressorts, darunter das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und die Integrationsbeauftrage der Bundesregierung sowie mehrere Landessportminister*innen (SMK), mehrere Landesgesundheitsminister*innen (GMK), eine Vertretung der Kultusminister*innen der Länder (KMK) und die Präsidenten des Deutschen Städtetages sowie des Deutschen Städte- und Gemeindebundes haben sich zusammen in eine Sporthalle gestellt und gemeinsam erklärt, dass sie einen Beitrag dazu leisten wollen, Deutschland zu einem bewegungs- und sportfreundlicheren Land zu machen. Das ist eine noch nie dagewesene Situation und für uns als organisierten Sport und für die rund 87.000 Sportvereine in Deutschland ein erster wertvoller Erfolg! Gleichzeitig bedauern wir sehr, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung nicht vertreten war.

Dass sich Vertreter*innen aus neun Bundesressorts, drei Landesministerkonferenzen und zwei kommunalen Spitzenverbänden gemeinsam mit uns verpflichten, konkrete Maßnahmen auf den Weg zu bringen, um Bewegung und Sport für alle Menschen in Deutschland möglich und einfach erreichbar zu machen – unabhängig von Wohnort, Herkunft, Geschlecht, Alter, finanziellen Möglichkeiten und individuellen körperlichen und geistigen Fähigkeiten – ist ein wegweisender Anfang.

Hier dürfen wir, darf die Bundesregierung aber jetzt nicht stehen bleiben. Nun muss aus der Sache mehr werden, nun müssen die Ärmel hochgekrempelt werden! Die Arbeit am „Entwicklungsplan Sport“ und beim „Runden Tisch Bewegung und Gesundheit“ sind weitere wichtige Schritte. Es geht darum, konkrete Maßnahmen zu entwickeln, die die Menschen dazu ermutigen, ein aktiveres Leben zu führen. An der Umsetzung dieser Maßnahmen muss sich die Bundesregierung und müssen wir uns im organisierten Sport messen lassen! Denn sonst verpufft der Bewegungsgipfel und es bleibt nichts von der Aufbruchstimmung, die wir heute in der Max-Schmeling-Halle eindeutig gespürt haben.

Mit dem Bewegungsgipfel als Treffen auf oberster Bundesebene ist ein richtiger Impuls gesetzt und ein Schritt in Richtung Kulturwandel eingeleitet worden. Ein Schritt hin zu einer Kultur, die anerkennt, dass Bewegung und Sport von unschätzbarem Wert und unverzichtbar für die Entwicklung von Kindern und jungen Menschen sowie für das psychische und physische Wohlbefinden der Menschen aller Generationen sind.

Packen wir es gemeinsam an – für ein nachhaltig sportlich bewegtes Land zum Wohle aller!

(Autor*innen: Kerstin Holze (DOSB-Vizepräsidentin) und Stefan Raid (1. Vorsitzender dsj))

In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.


  • Foto: BMI / Henning Schacht
    Foto: BMI / Henning Schacht