"Herausforderungen werden nach Corona größer"

DOSB-Präsident Alfons Hörmann spricht im Interview mit dem SID davon, dass der gesamte Sport mit Verlusten in Milliardenhöhe rechnen müsse.

DOSB-Präsident Alfons Hörmann macht sich in der Coronakrise große Sorgen um die Existenz der Verbände und Vereine. Foto: picture-alliance
DOSB-Präsident Alfons Hörmann macht sich in der Coronakrise große Sorgen um die Existenz der Verbände und Vereine. Foto: picture-alliance

Zudem würde die Lage für den Sport noch viel schwieriger als jetzt.

SID: "Herr Hörmann, Sie haben vor einer Woche angesichts der Finanzprobleme der Verbände in der Coronakrise eine düstere Zukunft gezeichnet. Haben Sie schon Maßnahmen ergriffen?"

Alfons Hörmann: "Wir haben mit unseren Mitgliedsorganisationen abgestimmt, dass wir nun zeitnah eine nationale Erhebung der möglichen Finanznöte machen. Es kursieren ja die abenteuerlichsten Zahlen. Für uns ist es schwierig, mit dem Bund und den Ländern über Hilfsmodelle zu reden, wenn man nicht zumindest ungefähr weiß, um welche Schadenshöhe es sich handelt."

"Was unternehmen Sie genau?"

"Wir haben am Dienstagabend die letzten Klärungen eines Fragebogens für die Verbände abgeschlossen, den wir nun allen Mitgliedsorganisationen zukommen lassen. Damit wollen wir in den nächsten zehn Tagen zu einem klareren Bild kommen, wie sich die Coronakrise auf den deutschen Sport auswirken könnte."

"Geht das derzeit überhaupt?"

"Das kann nur der Versuch einer Annäherung sein, weil ja keiner von uns weiß, was in den nächsten Wochen und Monaten passiert. Geisterspiele zum Beispiel könnten die Lage neben dem Fußball auch im Basketball oder Volleyball schnell verändern. Glaubt man einigen Virologen, könnte es sein, dass es in diesem Jahr überhaupt keine Großevents mehr gibt. Daraus folgen riesengroße Unterschiede in den finanziellen Annahmen für die Bewältigung der Krise."

"Was genau werden Sie mit den Verbänden erörtern?"

"Wir wollen verschiedene Szenarien darstellen, um mit der Politik in entsprechende Gespräche einzusteigen. Die zentrale Frage dabei ist, was die Coronakrise für den deutschen Sport in den nächsten Wochen und Monaten, aber vor allem in den kommenden Jahren bedeutet. Denn aus unserer Sicht werden die gravierenden Auswirkungen durch Corona erst ab 2021 richtig sichtbar, wenn Themen wie Mitgliedsbeiträge, Sponsorenverträge oder sonstige Einnahmen der Verbände und Vereine oder Ligen belastbar zu bewerten sind."

"Kann man die Verluste des Sports durch Corona schon beziffern?"

"Wenn man nur die Verbände nimmt, wird es sich am Ende wohl um eine dreistellige Millionensumme handeln. Betrachtet man aber den gesamten Sport mit seinen Events und Liga-Betrieben sowie Weltcups und Weltmeisterschaften, dann geht der Schaden wohl schnell in den Milliardenbereich."

"Der Sport wird sich also grundlegend verändern?"

"Ja, davon bin ich überzeugt. Für viele ist der Sport ja zugleich auch Beruf und wirtschaftlicher Zweckbetrieb und da stellt sich zum Beispiel auch die Frage, wie viele unserer Top-Sportler nach der Krise ihre Karriere überhaupt fortsetzen wollen und können. Und ob die Vielzahl der Vereine auch weiterhin eine existenzielle Grundlage für die Athleten schaffen kann. Es wird zu nachhaltigen Veränderungen kommen, die den gesamten Weltsport ganz erheblich betreffen werden."

"Das heißt, für den Sport kommt das dicke Ende noch?"

"Ja. Denn bei allen Sorgen, die wir derzeit in der Coronakrise berechtigt um die Gesundheit unserer Bevölkerung haben, sind die Herausforderungen, die wirtschaftlich, strukturell und organisatorisch nach Corona auf uns zukommen, meines Erachtens um ein Vielfaches größer einzuschätzen. Die Krise wird für den deutschen Sport und alle daran Beteiligten und davon Profitierenden dann noch einmal eine ganz andere Dimension erreichen, als wir uns das derzeit vorstellen können."

"Da braucht es dann im Präsidium des Dachverbandes gute Nerven."

"Gute Nerven brauchen alle, die jetzt an irgendeiner Stelle in der Verantwortung stehen. Aber eigentlich sind für uns alle im Land gute Nerven und eine gewisse Form von innerer Ruhe, Demut und Besonnenheit jetzt besonders wichtig."

(Quelle: Sport-Informations-Dienst, SID)


  • DOSB-Präsident Alfons Hörmann macht sich in der Coronakrise große Sorgen um die Existenz der Verbände und Vereine. Foto: picture-alliance
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