Klimaschutz im Sport (8): Vom Wassernotstand zum Öko-Check

In einer zehnteiligen Reihe stellt der DOSB anhand verschiedener Praxisbeispiele aus dem Sport mögliche Ansatzpunkte für Klimaschutz vor und ruft zu mehr Engagement auf.

 

Ein Bewässerungsverbot von Sportanlagen führte zum Umdenken in den Vereinen und schließlich zum Öko-Check. Foto: picture-alliance
Ein Bewässerungsverbot von Sportanlagen führte zum Umdenken in den Vereinen und schließlich zum Öko-Check. Foto: picture-alliance

Klimaschutz spielt auch im Sport eine immer größere Rolle. Die Handlungsfelder sind dabei vielseitig: ob energieeffiziente Sportstätten, Ressourcenschutz im Verein, umweltfreundliche Sport(groß)veranstaltungen oder klimafreundliche Verkehrskonzepte. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten aktiv zu werden – sei es auf den Ebenen der Sportverbände, der Vereine oder der Sportaktiven. Dies bringt nicht nur Vorteile für den Klimaschutz, sondern auch für die Sportorganisationen. Hierzu zählen zum Beispiels Kostenersparnisse, Imagegewinn und neue Handlungsmöglichkeiten. Der DOSB hat im Sommer 2009 die Initiative „Klimaschutz im Sport“ gestartet, die vom Bundesumweltministerium gefördert wird. Ziel ist es, auf die Handlungsmöglichkeiten des Sports in diesem Themenfeld aufmerksam zu machen und entsprechende Aktivitäten anzuregen. Hierzu wurden bereits verschiedene Maßnahmen umgesetzt wie beispielsweise das DOSB-Internetportal www.klimaschutz-im-sport.de, der Förderwettbewerb für Sportverbände oder der Wettbewerb „Klimaschutz im Sportverein“. In einer zehnteiligen Artikelreihe zeigt der DOSB einmal pro Monat anhand verschiedener Praxisbeispiele aus dem Sport mögliche Ansatzpunkte und ruft zu Engagement für den Klimaschutz auf.

Alles begann mit den heißen Sommern Anfang der 1990er Jahre in Südhessen. Eine hohe Wasserentnahme führte zu einer gravierenden Grundwasserabsenkung und zur ersten Wassernotstandsvorordnung des damaligen hessischen Umweltministers Joschka Fischer. Plötzlich durften die Rasen- und Tennenplätze der hessischen Sportvereine nicht mehr bewässert werden. „Das hält kein Sportplatz aus, und so gab es Handlungsbedarf“, erinnert Öko-Check-Berater Jens Prüller vom Landessportbund Hessen (LSB). Kurzfristig konnte damals eine Ausnahmeregelung erreicht werden, mit der die Sportplätze vor dem Vertrocknen gerettet wurden – aber gleichzeitig wurde klar, dass ein neues Aufgabengebiet auf die Verantwortlichen der Sportvereine zukam, nicht nur in Hessen: Der Umwelt- und Ressourcenschutz war schnell nicht nur auf Trinkwassereinsparung beschränkt.

In zahlreichen Sportanlagen kamen umfangreiche Gebäudesanierungen auf die Tagesordnung. Heizanlagen in Sportlerheimen und Hallen aus den 1960er und 1970er Jahren standen zur Erneuerung an. Vor allem hohe Ölpreise und steigende Gas- und Strompreise legten nahe, dabei auch auf Energieeinsparung und Klimaschutz zu setzen. Auf 42 Milliarden Euro bezifferte der damalige Deutsche Sportbund 2005 den Sanierungs- und Investitionsbedarf der bundesweit rund 170.000 Sportanlagen, von denen rund 80.000 in Vereinsbesitz sind.

"Wasserpfennig" finanziert Öko-Beratung

Aus der Krisenintervention beim Trinkwassermangel entstand beim LSB ein umfassender Beratungsansatz, der ab 1998 mit dem Öko-Check die gesamten Sportanlagen mit ihren spezifischen Anforderungen umfasste. Dass Hessen hierbei bundesweit die Nase vorn hatte, lag ebenfalls an der Wassernotstandsverordnung. Mit dem „Wasserpfennig“ wurde eine Extraabgabe eingeführt, aus dem Maßnahmen zur Trinkwassereinsparung und u.a. zur Öko-Beratung finanziert werden konnten. Rund 2.000 Beratungen wurden in den letzten zwölf Jahren in Sportvereinen in Hessen und den Nachbarbundesländern durchgeführt.

„Wir bieten heute umfassende Beratungen für alle Frage rund um den Klimaschutz, Hygiene und Nachhaltigkeit, die punktgenau auf die Bedürfnisse von Sportvereinen und ihre Liegenschaften zugeschnitten sind. Der neue Kunstrasenplatz, die energetische Sanierung der Sportlerheime oder nur die neue Duschanlage – wir bieten fachlichen und neutralen Rat sowie eine langfristige Begleitung der Planungen für kleine und große Investitionen. Wir stehen auf Seiten der Vereine und beraten an den Schnittstellen zu Handwerkern und Herstellern, ebenso wie bei Finanzierungsfragen“, bilanziert Jens Prüller den breiten Ansatz des Öko-Checks im LSB.

Ein besonderer Vorteil für hessische Sportvereine: der Öko-Check ist einfach und kostenlos (Anmeldung unter www.sportstaetten.info). Auf Anfrage macht sich dann einer der zwei LSB-Öko-Check-Berater beim Sportverein vor Ort ein Bild. Nach einer umfassenden Bestandsaufnahme und Dokumentation des Sanierungsbedarfes wird geplant und der Vereinsvorstand mit einer konkreten Prioritätenliste ausgestattet. Spätestens jetzt geht es auch ums Geld: Welche Investition hat kurzfristig mit wenig Aufwand große Effekte; welche Sanierungsmaßnahme rechnet sich mittel- und langfristig?

Kleine Maßnahmen mit großer Wirkung

Bestes Beispiel für kleine Maßnahmen mit großer Wirkung sind für Jens Prüller Duschköpfe in den Sanitäranlagen von Sportstätten. Baumärkte halten hier ein kaum überschaubares Angebot bereit. Allerdings werden nur wenige Duschköpfe von den Öko-Checkern als wirklich geeignet empfohlen, um den spezifischen Anforderungen von Sportstätten gerecht zu werden – und das sind mit rund 80 Euro pro Stück nicht die billigsten.

Ein typisches Beispiel für einen Öko-Check: Durch einen einfachen Duschkopf rauschen über 30 Liter Wasser pro Minute – durch einen guten Duschkopf nur 10 Liter. Was im Privathaushalt vielleicht nicht so ins Gewicht fällt, wird in großen Duschanlagen in Sportlerheimen zum Kostenfaktor: Für den dreifachen Wasserdurchfluss muss die dreifache Menge an heißem Wasser bereit gestellt werden und das z.B. im Fußball für zwei Mannschaften in kurzer Zeit nach dem Spiel. Hoher Wasserverbrauch, höhere Abwassergebühren, Mehrkosten für überdimensionierte Warm-wasserbereitung und immenser Energiebedarf fressen den Preisvorteil eines billigen Duschkopfes in kürzester Zeit auf.

Hinzu kommen, darauf weist Jens Prüller bei seinen Beratungen immer wieder hin, die besonderen Bedingungen von Duschanlagen in Sportanlagen. Sie unterliegen der Trinkwasserhygieneverordnung und müssen jährlich auf Keimfreiheit kontrolliert werden. Durch Winter- oder Sommerpausen und Sportbetrieb nur am Abend oder am Wochenende werden Duschanlagen häufig nur mit großen Abständen genutzt, so dass gegen die Verunreinigungen mit Bakterien, vor allem von Legionellen, Vorsorge getroffen werden muss. Die vom LSB empfohlenen Duschköpfe gelten als weniger anfällig für die Verbreitung von Bakterien und gehören, zusammen mit dem zeitweisen Aufheizen des Warmwassers auf Temperaturen über 70 Grad, zur Profilaxe gegen Legionellen.

Für Sportanlagen gelten besondere Maßstäbe

Schon bei Duschköpfen drohen also schnell Fehlplanungen und Einsparungen am falschen Ende. Das gilt erst Recht bei Großinvestitionen. Auch hier, das unterstreicht Jens Prüller nach zwölf Jahren Sportstätten-Beratungspraxis, gilt es, die Nutzungsunterschiede z.B. im Vergleich zu Eigenheimen zu beachten. Der neueste Stand der Technik muss beachtet werden – Klimaschutztrends, wie z.B. Pelletheizungen, sind jedoch mit Vorsicht zu betrachten. Sie benötigen einen „Kümmerer“, der regelmäßig nach dem Rechten sieht.

Darüber hinaus müssen auch die Warmwasser-Anlagen anders geplant werden. Kurzfristig müssen nach dem Sportbetrieb sehr große Wassermengen bereit gestellt werden, die – siehe oben – in langen Nutzungspausen zu verkeimen drohen. Thermische Solaranlagen kommen deshalb häufig nur zum sommerlichen Aufheizen und Aufrechterhalten der Wasserzirkulation von nicht genutzten Duschanlagen in Sporthallen in Frage und sind im Gegensatz zu Wohnhäusern nicht automatisch Standard für Energiesparsanierungen.

Auch bei anderen Investitionen ist besondere Sachkunde im Sportstättenbereich gefragt, z.B. bei Hallenheizungen und Hallenbeleuchtungen. Durch den Einbau einer neuen Heizanlage, einer Deckenstrahlungsheizung, einer ballwurfsicheren Beleuchtung in die Decke konnte beispielsweise der TV 1880 Dreieichenhain eine Energieeinsparung von mehr als 45 Prozent erzielen.

Einsparungen bis zu 75% möglich

Was sich genau lohnt, haben die Öko-Checker in einer Untersuchung von mehr als 200 Maßnahmen einer Sonderförderung für „Klimaschutz und Kosteneinsparmaßnahmen in Sportvereinen“ untersucht. 74 Heizanlagen wurden erneuert, 43 Mal Wärmeschutzmaßnahmen durchgeführt, 30 Sanitäranlagen renoviert, 17 thermische Solaranlagen installiert und 16 neue Beleuchtungen.

Enorme Einsparpotenziale locken. Bis zu 75 Prozent der Kosten für Warmwasser und Hallenbeleuchtungen sind möglich. Rund 60 Prozent Energiekosten können durch moderne Kühlgeräte, Heizungen und Wärmeschutz gespart werden. Solaranlagen sparen 15 Prozent. Dabei variieren die Amortisationszeiten beträchtlich – was sich auch in der Prioritätenliste für die Klima-schutzmaßnahmen niederschlägt. Niedertemperatur- oder Brennwertkessel rechnen sich schon nach sechs bis sieben Jahren Betriebszeit, bei Wärmepumpen dauert es mehr als 15 Jahre. Die CO2-Einsparung spricht jedoch für die Wärmepumpe. Sie liegt über 60 Prozent, bei Niedertemperaturkessel jedoch nur bei 20 Prozent.

Wichtig zur guten Planung und zur Vermeidung von Fehlplanungen ist eine genaue Erfassung z.B. des Energie- und Wasserbedarfes. Prüller berichtet von der Beratung eines Tennisvereins, der in eine Solaranlage für Warmwasseraufbereitung investieren wollte. Der geringe Bedarf an Warmwasser legte jedoch die Anschaffung eines Durchlauferhitzers nahe, der ohne hygienische Probleme die geringen Wassermengen bereitstellt, zum Bruchteil der Kosten für die Solaranlage. Auch bei der Investition in Photovoltaik-Anlagen rät Prüller zu genauer Betrachtung, da hier die Abrechnungen für Vereine schwierig sein können.

Beratung in Finanzierungsfragen

In der Regel haben Sportvereine keine Rücklagen für große Investitionen gebildet, so dass sich immer auch die Finanzierungsfrage stellt. Neben langfristigen Einsparungen bei den Betriebs- und Energiekosten müssen auch Fördertöpfe ausfindig gemacht werden, um große Investitionen in Klimaschutz und Nachhaltigkeit realisieren zu können. Auch hier werden die Vereine im Rahmen eines Öko-Checks gezielt beraten.

Sportstättenbau ist Ländersache. In einigen Bundesländern, wie z.B. Hessen, existieren insbesondere durch das Hessische Innenministerium sehr gute Fördermöglichkeiten. Sportverbände, Kommunen oder auch Stiftungen geben Zuschüsse – oder es gibt Wettbewerbe, die mit Preisgeld locken, z.B. „Klimaschutz im Sportverein“ des DOSB oder die „100 Sportvereine für den Klimaschutz“ des LSB Hessen. Genaue Kenntnisse der Förderlandschaft bezüglich Klimaschutz, Jugend- und Sportförderung und bei der Kreditvergabe ermöglichen hier Investitionen, die sonst unrealisierbar erscheinen.

Doch nicht nur in der Einzelfallberatung macht sich der Öko-Check des LSB Hessen um Klimaschutz und Vereinskasse verdient. Mit der „Sportinfra“ wird in Frankfurt alle zwei Jahre eine Messe für Bau, Modernisierung und Ausrüstung von Sportanlagen veranstaltet, die das nächste Mal am 14./15.11.2012 stattfinden wird. Auch eine Weiterqualifikation zum/zur „Umwelt- und Klimaberater(in) im Sport“ wird angeboten.

Neben dem Landessportbund Hessen bieten sieben weitere Landessportbünde heute umweltorientierte Beratungen mit unterschiedlichen Ansätzen an: Hamburger SB, LSB Niedersachsen, LSB Nordrhein-Westfalen, LSB Rheinland-Pfalz, LSB Sachsen, Württembergischer LSB und Bayerischer LSV.

(Autor: Bernd-Olaf Hagedorn)


  • Ein Bewässerungsverbot von Sportanlagen führte zum Umdenken in den Vereinen und schließlich zum Öko-Check. Foto: picture-alliance
    Ein Bewässerungsverbot von Sportanlagen führte zum Umdenken in den Vereinen und schließlich zum Öko-Check. Foto: picture-alliance