Mindestlohn: Bürokratischen Aufwand verringern

Der Mindestlohn beschäftigt auch die Sportvereine. Im Interview mit dem Magazin des Württembergischen Landessportbundes erklärt der DOSB-Vorstandsvorsitzende Michael Vesper die Situation.

Die Grenze zwischen ehrenamtlicher Tätigkeit und der Einstufung als Arbeitnehmer seien schwer zu ziehen, sagt Michael Vesper. Foto: DOSB/Torsten Silz
Die Grenze zwischen ehrenamtlicher Tätigkeit und der Einstufung als Arbeitnehmer seien schwer zu ziehen, sagt Michael Vesper. Foto: DOSB/Torsten Silz

Frage: „Der Mindestlohn von 8,50 Euro, der seit dem 1. Januar 2015 für abhängig Beschäftigte gilt, sorgt für viele Diskussionen und Unruhe in den Sportvereinen. Wurden die Auswirkungen auf den organisierten Sport und hier insbesondere die Sportvereine im Vorfeld der Gesetzeseinführung unterschätzt?“

Michael Vesper: „Der Sport, aber auch viele andere gesellschaftliche Gruppen, bei denen das ehrenamtliche Engagement im Vordergrund steht, wurden bei der Verabschiedung des Gesetzes durchaus berücksichtigt. So wurden etwa Ehrenamtliche in § 22 (3) des Mindestlohngesetzes ausdrücklich vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen. In der Praxis hat sich jedoch herausgestellt, dass die Grenze zwischen ehrenamtlicher Tätigkeit und der Einstufung als Arbeitnehmer schwer zu ziehen ist.“

„Inwiefern kann der DOSB für eine Beruhigung sorgen? Welche Ergebnisse ergaben die ersten Kontakte mit der Bundesregierung?“

„Der DOSB hat sich schon vor der Verabschiedung des Gesetzes zu Wort gemeldet und erreicht, dass in die Beschlussempfehlung des zuständigen Bundestagsausschusses eine Klarstellung aufgenommen wurde. Danach fallen Amateur- und Vertragssportler nicht unter den Arbeitnehmer-Begriff, wenn ihre ehrenamtliche sportliche Betätigung und nicht die finanzielle Gegenleistung im Vordergrund stehen.“

„In den Diskussionen über Lösungen für den Sport wird immer wieder der §22 des Gesetzes ins Spiel gebracht. Doch wachsweiche Regelungen wie ‚Von diesem Gesetz nicht geregelt wird die Vergütung von zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten sowie ehrenamtlich Tätigen‘ helfen den Vereinen wenig, wenn der Begriff eines ‚ehrenamtlich Tätigen‘ nicht definiert ist. Was versteht der organisierte Sport unter ‚ehrenamtlich Tätigen‘? Und ist diese Definition bundesweit anerkannt?“

„Da muss bundesweit für Klarheit gesorgt werden. Es gibt keine gesetzliche Definition des Begriffes „ehrenamtlich“; insofern besteht hier immer ein Ermessensspielraum. Das Ministerium geht von einer ehrenamtlichen Tätigkeit aus, ‚wenn sie nicht der Sicherung oder Besserung der wirtschaftlichen Existenz dient, sondern Ausdruck einer inneren Haltung gegenüber Belangen des Gemeinwohls und den Sorgen und Nöten anderer Menschen ist.‘ Hierbei komme es auf eine ‚Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls‘ an.“

„Sehen Sie den Nachwuchsleistungssport auf Grund der neuen Mindestlohnregelungen gefährdet?“

„Wir sind mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Abgeordneten des Deutschen Bundestages im Gespräch; das Ministerium hat darauf hingewiesen, dass es im Nachwuchsbereich häufig nicht erforderlich ist, Arbeitsverhältnisse abzuschließen, die unter das Mindestlohngesetz fallen.“

„Wir sprechen immer von der notwendigen Entbürokratisierung des Ehrenamtes. Regelungen wie im Mindestlohngesetz werden es den Vereinen nicht leichter machen, Ehrenamtliche für die Vorstandsämter zu finden. Sehen Sie einen Lösungsansatz?“

„Der DOSB hat das Ministerium bereits gebeten, den bürokratischen Aufwand im Zusammenhang mit den Aufzeichnungspflichten bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen zu verringern. Die im Mindestlohngesetz geforderte Verpflichtung widerspricht eindeutig der Intention des Gesetzes zur Stärkung des Ehrenamts vom März 2013.“

(Quelle: Württembergische Landessportbund/DOSB)


  • Die Grenze zwischen ehrenamtlicher Tätigkeit und der Einstufung als Arbeitnehmer seien schwer zu ziehen, sagt Michael Vesper. Foto: DOSB/Torsten Silz
    Die Grenze zwischen ehrenamtlicher Tätigkeit und der Einstufung als Arbeitnehmer seien schwer zu ziehen, sagt Michael Vesper. Foto: DOSB/Torsten Silz