Platzwart dringend gesucht!

Ehrenamtliches und freiwilliges Engagement ist ein rares Gut und die Akquise von engagierten Mitgliedern bleibt ein dauerhaftes und mühseliges Thema an der Basis.

Seit 2014 haben die Vereine hochgerechnet rund 1 Millionen ehrenamtlich und freiwillig Engagierte verloren. Foto: picture-alliance
Seit 2014 haben die Vereine hochgerechnet rund 1 Millionen ehrenamtlich und freiwillig Engagierte verloren. Foto: picture-alliance

Vor einigen Wochen habe ich vom Vorstand meines Tennisvereins eine Mail mit folgendem Hilferuf erhalten: „Bleiben die Plätze nächste Saison geschlossen? Platzwart gesucht.“ In den weiteren Ausführungen dazu wird erläutert, dass der bisherige Stelleninhaber altersbedingt seine Funktion niederlegt und deshalb ein neuer Platzwart dringend gesucht wird. Der Aufruf schließt mit dem Hinweis, dass ohne eine Nachfolgebesetzung die Tennisanlage im Frühjahr 2023 nicht geöffnet werden kann.

Das Beispiel ist kein Einzelfall und die Sachlage grundsätzlich eine bekannte Herausforderung. Ehrenamtliches und freiwilliges Engagement ist ein rares Gut und die Akquise von engagierten Mitgliedern bleibt ein dauerhaftes und mühseliges Thema an der Basis vor Ort. Dass allerdings immer mehr Sportvereine über eine Fehlentwicklung in diesem Bereich klagen und dies sogar als existenzbedrohend für die eigene Organisation einschätzen, ist eine alarmierende Entwicklung.

Der rückläufige Trend wird jetzt durch die vorgelegte sportbezogene Sonderauswertung des Deutschen Freiwilligensurvey bestätigt. Laut der Längsschnittstudie ist die Engagementquote im Sport seit dem Jahr 2014 um 1,4% gesunken und die Vereine haben hochgerechnet rund 1 Million ehrenamtlich und freiwillig Engagierte verloren. Der Rückgang betrifft vor allen Dingen Funktionsträger*innen in Leitungs- und Vorstandsfunktionen. Mögliche negative Auswirkungen der Corona-Pandemie sind hier noch nicht berücksichtigt.

Vor diesem Hintergrund ist die bekannte „Ehrenamtskrise im Sport“ greifbarer denn je - und es müssen Lösungen her, wie die rückläufige Entwicklung aufgehalten werden kann.

Hoffnung macht, dass die Studie auf der anderen Seite ein gesteigertes, aber aktuell noch ungenutztes, Engagementpotenzial offenlegt. D.h. deutlich mehr Mitglieder als früher äußern ihre Bereitschaft Aufgaben auf freiwilliger Basis zu übernehmen. Dabei wird vorbehaltlich angegeben, dass sich etwas persönlich Interessantes finden lässt und der zeitliche Aufwand dabei überschaubar ist. Es stellt sich die große Frage, wie genau dieses Potenzial aktiviert und langfristig aufrechterhalten werden kann - insbesondere für zeitaufwändige Ämter.

Innerhalb der Engagementförderung im Sport gilt es, Antworten auf folgende Fragen zu finden: Welche Maßnahmen sind beispielhaft für eine gelungene Bindung und Gewinnung von Engagierten? Wie ist es möglich, Ehrenamt attraktiv zu gestalten? Welche Möglichkeiten gibt es, die zeitintensiven Leitungs- und Vorstandsämter besser zu verteilen? Wie sehen neue Engagementformen und deren Qualifikationen aus? Wie kann das Zusammenspiel von Haupt- und Ehrenamt gewinnbringend organisiert werden? Welche Rahmenbedingungen für das Engagement müssen von der Politik und den Sportverbänden zwingend angepasst werden?

Der DOSB hat in seinem „Eckpunktepapier“ für den Entwicklungsplan Sport das Handlungsfeld „Sport im Verein ist Ehrenamt“ als wichtiges Zukunftsthema benannt. Die dort formulierten Impulse greifen die genannten Fragen auf und machen deutlich, wo angesetzt werden muss. Mit dem „ReStart-Förderprogramm“ stehen den Mitgliedsorganisationen ab Herbst 2022 die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung, um gezielt Menschen für das Engagement im Sportverein zu qualifizieren und zu begeistern. Damit ist ein wichtiger Anfang gemacht, den großen Herausforderungen im Ehrenamt im Sport zu begegnen.

Mein eigener Tennisverein hat - um auf das einleitende Beispiel zu Beginn zurückzukommen - keinen anderen Weg mehr gesehen als die Mitglieder vor die Wahl zu stellen: Entweder es findet sich jemand für den Posten oder es kann vorerst kein Tennis mehr gespielt werden. In meiner Wahrnehmung sollte dieses Druckmittel aber erst gewählt werden, wenn alle anderen Möglichkeiten einer zielgerichteten und motivierenden Ansprache bzw. Suche bereits ausgeschöpft sind. Immerhin hat der Appell inzwischen dazu geführt, dass ein Vereinsmitglied sein Interesse an der Ausübung der vakanten Stelle bekundet hat und diese Arbeit in einem Team ausüben würde. Hier scheint es also auf eine Arbeitsteilung hinauszulaufen.

(Autor: Boris Rump, DOSB Bildung und Engagement)

In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.


  • Seit 2014 haben die Vereine hochgerechnet rund 1 Millionen ehrenamtlich und freiwillig Engagierte verloren. Foto: picture-alliance
    Platzwart kreidet im Regen einen Fußballplatz; im Hintergrund läuft ein Training. Foto: picture-alliance