Von der Bäderallianz zur Schwimmallianz

50 Prozent aller Bäder in Deutschland sind überholungsbedürftig, damit fällt der Schwimmunterrricht an vielen Schulen aus. Aber die Schwimmfähigkeit ist überlebenswichtig, findet Autor Prof. Detlef Kuhlmann.

Ohne Schwimmbäder kein Schwimmunterricht. Foto: picture-alliance
Ohne Schwimmbäder kein Schwimmunterricht. Foto: picture-alliance

Anfang Januar haben Schülerinnen und Schüler einer Grundschule aus einem Vorort einer nordrhein-westfälischen Großstadt Weihnachtsbäume in der Nachbarschaft eingesammelt – gegen Kohle: Das Geld wurde dem Förderverein der Schule gespendet, der damit Materialien für den Schwimmunterricht anschaffen konnte. Ein gute Sache, möchte man hinzufügen – und: Die Schule hat ein „nur“ Luxusproblem. Hier wird Schwimmunterricht erteilt, es fehlt lediglich ein bisschen Equipment. Nicht auszudenken, wenn es andersherum wäre und die Kids für den Bau eines Schwimmbades sammeln müssten.

Dabei ist es alles andere als gut bestellt um die bestehende Bäderlandschaft hierzulande. Das scheint nun aber auch in der Politik angekommen zu sein. Im Koalitionsvertrag der Berliner Landesregierung beispielsweise sind jetzt jährlich zehn Millionen Euro zur Sanierung von Bädern vorgesehen. Eine aktuelle Studie der Bergischen Universität Wuppertal und der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen kommt zu dem Ergebnis, dass 50 Prozent aller Bäder in Deutschland überholungsbedürftig sind und dafür ein Volumen von mehr als 4 Milliarden Euro notwendig ist. In ähnlicher Richtung hat sich kürzlich aus Anlass der Auszeichnung der Bundessieger des Wettbewerbs „Sterne des Sports“ in Berlin der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes geäußert und darauf verwiesen, „dass beispielsweise eine Grundfähigkeit im lebensnotwendigen Sinne wie das Schwimmen mehr und mehr in den Hintergrund gedrückt wird“.

Betriebsfähige Bäder bilden so gesehen einen Beitrag zur Daseinvorsorge. Und: Die Schwimmfähigkeit aller ist überlebenswichtig, oder wie brachte es Franziska van Almsiek einmal auf den Punkt: „Es ist wichtig zu wissen: Wenn man reinfällt, kommt man wieder an Land oder kann sich wenigstens über Wasser halten“. Schwimmen ist mehr als im Spaßbad über die Rutsche eben mal so mit Wasser in Berührung zu kommen. Schwimmen mit der Möglichkeit, sich im Wasser konstant fortzubewegen, zu gleiten und zu schweben oder gar ins Wasser zu springen und im Wasser zu tauchen ist ein „klassisches“ Kulturgut, das es zu pflegen und zu fördern gilt. Dazu gehören geeignete Räume, in denen dieses Kulturgut zur Aufführung gebracht werden kann.

Insofern ist die Initiative „Bäderallianz Deutschland“ sehr zu begrüßen, die sich neulich im Zusammenschluss mehrerer Verbände und Institutionen des Badewesens und des Schwimmens, aber auch unter Beteiligung der Sportwissenschaft in Deutschland gebildet und Eckpunkte zur nachhaltigen und effizienten Weiterentwicklung der deutschen Bäderlandschaft in Anschlag gebracht hat. Damit wird auch die Arbeit des 2010 gegründeten Aktionsbündnisses „Pro Bad“ des Deutschen Schwimm-Verbandes und der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft flankiert.

Eines sollte uns jedoch so klar sein wie das Wasser im Becken: Wir müssen hin und her schwimmen – von der Bäderallianz zur Schwimmallianz und von der Schwimmallianz zurück zur Bäderallianz.

(Autor: Prof. Detlef Kuhlmann)

In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier als DOSB-Blog veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.

 


  • Ohne Schwimmbäder kein Schwimmunterricht. Foto: picture-alliance
    Ohne Schwimmbäder kein Schwimmunterricht. Foto: picture-alliance